Matchbericht von unserm samstäglichen Spiel in Zürich gegen Letzi 1. Dass wir beide Mannschaftspunkte nach Hause nehmen konnten, ist nicht zuletzt unserem Teamsenior Mario zu verdanken, der ein zu Beginn schlechteres Endspiel gegen den mehr als 200 Elo aufweisenden Massimo Maffioli schlussendlich in ein souveränes Remis abwickeln konnte. Aber zuerst der Reihe nach.
Letzi, der Tabellenletzte, trat mit einer ersatzgeschwächten Mannschaft an. Thomas und ich konnten davon profitieren, da unsere Gegner klar schwächer eingestuft waren. Bei meinem Gegner hatte ich den Eindruck, dass er noch nicht viele Einsätze hatte, obwohl er dem Juniorenalter schon entwachsen schien, zitterte doch seine Hand bei seinem ersten Zug merklich. Nachdem sich die anfängliche Nervosität etwas gelegt hatte, ging er, mit Weiss spielend, am Damenflügel forsch ans Werk, ohne dabei aber wirklich etwas erreichen zu können. Im Gegenteil, die Musik spielte am anderen Flügel, wo ich das Kommando schnell übernehmen konnte, nachdem ich mit h6 u. g5 meine Absichten klar gemacht hatte. Alle meine Figuren entwickelte ich auf eben diesen Flügel hin, weshalb er sich zu drastischen Massnahmen getrieben sah (wahrscheinlich seiner Unerfahrenheit geschuldet), die ihm aber den Zentralbauern auf d5 kosteten. Ab dem 20. Zug war ich eigentlich sicher, diese Partie gewinnen zu können. Bevor ich dies in die Tat umsetzen konnte, war die Partie am 6. Brett zwischen Thomas und seinem knapp 1600 Elo aufweisenden Gegner bereits entschieden. Dieser hatte, anscheinend bereits in Zeitnot, die Dame eingestellt. Mehr weiss ich zu dieser Partie nicht zu berichten. Meine Partie entwickelte sich immer mehr zuungunsten von Weiss. Der Schock des Bauernverlustes wirkte nämlich nach. Praktisch im nächsten Zug ging auch gleich der Bauer auf h3 flöten aufgrund eines Rechenfehlers. So konnte ich mich ungehindert am Königsflügel entfalten und einen unwiderstehlichen Mattangriff in die Wege leiten, an dessen Ende ich eine 5-zügige Mattkombination inklusive Damenopfer für die Galerie spielen konnte. Damit lagen wir schon früh 2:0 vorne.
Markus und Claudio hatten es mit eher unangenehmen Gegnern zu tun. Markus hatte das Pech, mit Werner Brunner der Nummer eins von Letzi gegenüber zu sitzen. Sein weisser Aufbau war wie immer grundsolide, so dass Schwarz kaum mehr als auf ein Remis hoffen konnte, wäre da nicht die Sache mit der Uhr gewesen. Die Zeit zerrann gefühlt immer schneller, was seine Spuren in Markus Wahl der Züge hinterliess. Die kleinen Fehler häuften sich, was Schwarz gnadenlos bestrafte. Somit kein Punkt am vierten Brett. Claudio hatte es mit Oswald Odermatt zu tun, einem gefährlichen Angriffsspieler der alten Schule. Ich konnte schon nach wenigen Zügen nicht mehr auf deren Brett schauen, da dies bereits zu lodern schien. Anscheinend zeigte sich Claudios Gegner etwas gewiefter darin, auf Drohungen mit Gegendrohungen zu antworten. Als der Rauch sich verzogen hatte, sah sich Claudio einem verloren Endspiel gegenüber. Trotz tapferer Gegenwehr ging auch dieser Punkt an den Tabellenletzten. Stand nach 4 Partien 2:2.
Die Partie unserer Nummer 1, Toni Riedener, war ebenfalls sehr spannend, da Toni sehr aggressiv gegen den königsindischen Aufbau von Schwarz vorging. Für einen Königsinder eher untypisch, konnte Weiss sehr schnell am Königsflügel vorgehen. Schwarz sah sich zusehends mit dem Schreckgespenst Zeitnot konfrontiert, was sich in einer komplizierten Stellung meist fatal auswirkt. Auch diese Partie macht hier keine Ausnahme. Schwarz konnte, in Zeitnot spielend, das Unvermeidliche nicht aufhalten. Die aggressive Spielweise von Toni zahlte sich schlussendlich aus. Damit stand fest, dass wir mit der 3:2 Führung, bei einer ausstehenden Partie, den Wettkampf nicht mehr verlieren konnten. Mein Puls glich sich immer mehr dem Ruhepuls an.
Wie fast immer durfte Mario am 1. Schwarzbrett Platz nehmen, wissend dass ihm ein grosser Brocken vorgesetzt würde. Schon oft hat Mario bewiesen, dass ihm diese Rolle behagt, was den einen oder anderen Gegner nach dem Wettkampf nicht gut schlafen liess. Ich könnte mir vorstellen, dass Massimo Maffioli das bestätigen kann, sass er doch einem hellwachen Mario gegenüber, der seine Aufgaben im entstehenden Königsinder gemacht hatte. Anders als in der Partie bei Toni, kam Weiss nicht zu einem Angriff auf den König. Mario spielte äussert solide und hatte auch sein Time-Management diesmal im Griff. So versuchte Weiss sein Heil im Endspiel (Springer u. Turm gegen Springer u. Turm und einigen Bauern an beiden Flügeln verteilt), was auch auf den ersten Blick günstig für Weiss aussah, weil dieser einen Mehrbauer besass. Nur verfügte Schwarz über den aktiveren König und einen gefährlichen Freibauern auf der a-Linie. Zudem hatte Mario einen grossen Zeitvorsprung, was bekanntlich hilfreich sein kann. Mit zunehmender Dauer der Partie, hatte man das Gefühl, dass Massimo sich in seiner Haut nicht unbedingt wohl fühlte. Der Mehrbauer ging schon schnell futsch und es wurde langsam klar, dass es nur noch zwei wahrscheinliche Resultate geben konnte, nämlich Unentschieden oder Sieg von Schwarz. Da uns aber ein Remis für den Mannschaftssieg reichte, kürzte Mario das Verfahren in grossmeisterlicher Manier ab und gab seinen Springer gegen den letzten weissen Bauern her und lenkte damit in eine theoretische Remissstellung Turm u. Springer gegen Turm ein. Die zusätzlichen zwei schwarzen Bauern, liessen Schwarz noch weniger Hoffnung auf eine Wendung geben, auch wenn Massimo noch das eine oder andere „Trickli“ versuchte. Schlussendlich musste aber alle seine Bemühungen einstellen und ins Remis einwilligen. Well done, Mario!
Auf der Rückfahrt wurde dann natürlich emsig und freudig diskutiert, gefolgt von einem feinen Nachtessen im Restaurant Eule, wo wir überraschenderweise noch auf Dani Portmann alias Frank trafen. Schade, dass es nicht mehr zu einem Jass kam, aber der Tag hatte doch etwas an den Kräften sprich Konzentration gezehrt.
ML Hugo Ensmenger