21.09.2021 - Spielbericht Tribschen 2 - Höngg l 605

Hier eine detaillierte Darstellung des Geschehens von unserem Wettkampf gegen Höngg. Es fing schon mal gut. Alle hatten sich bis auf Toni, dessen Postauto in Ennetbürgen Verspätung hatte, bereits mindestens eine Viertelstunde vor Partiebeginn im Rest. Tribschen eingefunden. Tonio hatte zu seiner Unterstützung seine Mutter Daniela mitgebracht. An dieser Stelle herzliche Grüsse an die Mama. Mario war schon einiges früher da und half beim Bereitsstellen des Spielmaterials. Vielen Dank dafür. Hätte ich ihm doch nur auch das Einstellen der Uhren überlassen. Aber dazu später.

Da alle unsere Spieler ihr Impfzertifikat dabei hatten, konnte es pünktlich um 14 Uhr losgehen. Unsere Gegner erschienen ohne ihren Topspieler Manuel Valdivia Rojas, immerhin mit gut 2300 Elo geführt. Das stimmte mich schon mal sehr zuversichtlich. Und nach einer guten halben Stunde haben mir die Stellungen unserer vier Spieler noch mehr Zuversicht verliehen. Christoph, Tonio u. Toni standen bereits sehr aktiv und bei Mario weiss man bei einem Sizilianer nie genau, wie sich das Ganze entwickelt. Sein Gegner, Jürg Hasler, versuchte es mit der Alapin Variante (also mit 3. c3) und hoffte wohl Mario damit überraschen zu können. In früheren Jahren hatte ich mich ebenfalls damit versucht, diesen Antisiziliander zu spielen mit eher mässigem Erfolg. Ich war gespannt, ob sich Jürg Vorteile erarbeiten kann. Konnte er nicht, soviel sei schon verraten.

Am 1. Brett hatte es Toni mit dem starken Klaus Goldschmid zu tun, der ihm einen Königsinder servierte. Spätestens nach 8.g4 war die Marschrichtung von Toni wohl klar, Königsangriff und zwar schnell!

Tonio musste sich am dritten Brett mit dem erfahrenen Guido Osio auseinandersetzen, seineszeichen Mannschaftsleiter. Hier dauerte es nur gerade 7 Züge, bis sich einer der auf der Königseite postierten Flügelbauern nach vorne bewegte: Harry the h pawn würde Simon sagen. Sein Gegner lud ihn geradezu mit seinem gemächlichen Pirc Aufbau ein, etwas aggressiver zu Werke zu gehen. Schön, dass Tonio diese Einladung annahm.

Am 4. Brett hatte sich Christoph entschieden auf d4 mit f5 zu antworten. Einen Holländer bekomme ich nicht oft im Tribschen Umfeld zu sehen. Beide Spieler entwickelten sich ganz ruhig, bis sich Christoph entschied, im Zentrum aktiver zu werden. Zuerst zog er den Springer nach e4, um ihn sogleich gegen seinesgleichen auf c3 zu tauschen mit Erzwingung eines Doppelbauern. Nun konnte er mit 10.e5 das Zentrum bereits für sich beanspruchen. Des Gegners Antwort d5 war schon ein echter Patzer, gab dieser doch jegliches Gegenspiel im Zentrum auf. Das sah doch schon ganz super aus für uns.

Getrost konnte ich mich für eine Stunde abmelden und Mario die vorübergehende Mannschaftsleitung übergeben. Es galt noch ein paar Besorgungen für den Umzug meines Sohnes vom Sonntag zu machen. Bevor ich mich im Tribschen zurückmeldete, gönnte ich mir noch eine Kaffeepause im Rest. Reussbad. Ich war gerade am Zahlen als sich Mario per Whatsapp meldete. Nach gerade mal 18 Zügen willigte der Weisspieler in das Remisangebot von Mario ein. Ohne Damen auf dem Brett und ohne wirklichen Angriffsplan wollte er wohl das schöne Wetter in Luzern noch etwas geniessen. Uns konnte es recht sein.

Nach meiner Rückkehr im Restaurant Tribschen, erlebte ich eine böse Überraschung. Unruhe hatte sich im Saal breit gemacht, weil jemand anscheinend festgestellt hatte, dass seine Uhr ohne Inkrement von 30 sec ihren Dienst versah. Rein rechnerisch hatte die Uhr zuviel Zeit verbraucht. Schock lass nach! Ich hatte alle Uhren gleich eingestellt: Modus 5 und dann Einstellung der verschiedenen Zeitlimiten und Inkremente. Leider hatte ich das auf unseren älteren Uhren bisher noch nie gemacht. Und das war wohl ein Fehler. Mit Modus 19 wäre ich wohl auf der sicheren Seite gewesen. Aber was war jetzt zu tun? Modus 19 ist nur bei Partiebeginn brauchbar. Schlussendlich entschloss ich mich zum Modus 21 zu greifen. Dort konnte man ebenfalls alles manuell einstellen, und man hatte sogar vier Zeitperioden zur Verfügung. Und nun auf zum Spiessrutenlauf. Wir hatten 2 Mannschaften mit je 4 Spielern im Saal. Man kann sich vorstellen, dass man sich nicht gerade beliebt macht, wenn man das Spiel unterbrechen, seinen Fehler eingestehen und die neue Zeiteinstellungen vornehmen muss. Ich kann mir schönere Dinge vorstellen. Dem Sohn beim Zügeln helfen gehört allerdings auch nicht wirklich dazu. Meine alten Knochen schmerzen auch heute noch und nicht nur leicht, und ein Ende ist kaum abzusehen. Aber ich schweife ab. Nachdem alle Uhren vermeintlich nachjustiert waren, hoffte ich, dass wieder Ruhe einkehren würde. Aber weit gefehlt. Sobald die Uhren weniger als 20 min anzeigen, sind die Sekunden sichtbar. Und nun kann man optisch feststellen, ob eine Uhr das Inkrement gewährt oder nicht. Was ist hier schief gegangen? Noch einmal die gefühlten 100 Modi durchchecken, ob da vielleicht ein anderer geht. Leider nein, es musste in diesem Fall Modus 21 genommen werden. Aber wieso gibt er das Inkrement nicht? Man muss alles auf der 1. Zeitperiode einstellen! Gut, die Lösung hatte ich, also noch einmal zum Spiessrutenlauf ansetzen. Dass der Ärger beim zweiten Mal gefühlte zwei Orkanstärken höher war, kann man sich vorstellen. Dass eine Uhr noch ein drittes Mal neu eingestellt werden musste, sei hier noch am Rande erwähnt. Der Ärger war hier allerdings kaum noch spürbar. Dieser hatte dem Mitleid Platz gemacht. Ich weiss nicht, wem diese peinliche Aktion mehr geschadet hat – uns oder unseren Gegnern. Jedenfalls hatte ich bei Toni eher das Gefühl, dass ihm das bei seiner Zeitnot eher geholfen hat. Tonio konnte sich bei meinem zweiten Behebungsversuche gerade noch beherrschen. Der Ärger war dann aber verflogen, als die 1. Zeitkontrolle vorüber war und er seine zusätzlichen 30 min erhalten hatte.

Probleme mit der Zeitmessung sollten bei einem Wettkampf definitiv nicht im Zentrum stehen. Ich möchte mich deshalb an dieser Stelle bei allen Betroffenen für meine Unfähigkeit entschuldigen und verspreche, in Zukunft die Finger von den Uhren zu lassen.

Nun aber wieder zurück zu den wichtigen Dingen. Christoph konnte sein Übergewicht im Zentrum immer mehr ausbauen mit einem Freibauern auf e4. Der Doppelbauer in der c-Linie entpuppte sich immer mehr als Schwäche. Der Druck am Damenflügel nahm immer mehr zu. Bald schon verlor Weiss den Überblick und eine Figur. Die Partie war im 29. Zug entschieden. Neuer Stand 1.5 : 0.5.

Tonio war, wie gesagt, schon früh auf Königsangriff eingestellt. Er scheute sich nicht, bereits im 7. Zug seinen d-Bauern herzugeben, nur um Harry den h-Bauern in den Königsangriff zu schicken. Den Bauern bekam er aber schnell wieder zurück, nicht ohne vorher die h-Linie geöffnet zu haben. Leider stand aber sein König noch in der Mitte. Schwarz hingegen hatte früh rochiert, wie das in einem Königsindisch ähnlichem Aufbau üblich ist. Schwarz hätte die Gelegenheit gehabt mit d5 Druck auf das Zentrum zu machen und den weissen König etwas in Bedrängnis zu bringen. Er zog es aber vor, einen Damentausch anzubieten. Das wurde dankend angenommen und der König bald in Sicherheit gebracht sprich gross rochiert. Als die Parie zusehends verflachte, fasste sich Schwarz ein Herz und Schritt zum Angriff. Diese Phase war dann geprägt von ausgelassen Chancen Hüben wie Drüben. Schwarz manövrierte sich schlussendlich selber in eine verlorene Stellung. Mir war das recht, denn damit Stand der Sieg bereits fest mit 2.5 : 0.5.

Damit konnte Toni ohne Druck den Rest seiner Partie in Angriff nehmen, die seit der Eröffung immer dramatischere Züge annahm. Beide scheuten sich nicht, Material für ihre Angriffsideen zu investieren. Zuerst gestattete Schwarz einen Raubzug der weissen Dame mit einer Ausbeute von 2 Bauern. Toni revanchierte sich mit einem Qualitätsopfer. Schwarz wiederum liess (inkorrekterweise) einen Springer zum Schlagen stehen. Er hoffte wohl, dass der Damenausflug zu deren Fang führen könnte. Doch diese fand immer wieder ein Schlupfloch. Und als alle Gefahren überstanden waren, konnte Toni sein materielles Übergewicht zum Sieg verwerten. Das hat trotzdem Nerven gekostet, obwohl der Sieg schon feststand. Endstand 3.5 : 0.5.

Und weil es so schön war, hier die Resultate in der Übersicht:

Toni Riedener (2062) – Klaus Goldschmid (2024)               1 - 0

Mario Bobbià (1813) – Jürg Hasler (1942)                           ½- ½

Tonio Schütze (2050) – Guido Osio (1801)                          1 - 0

Christoph Sterkman () – Robert Mollet (1629)                     1 - 0

Und wenn wir schon bei den Resultaten sind, wollen wir uns noch anschauen, wie die anderen Mannschaften gespielt haben: Zürich - Oftringen 1½:2½. Gligoric - Letzi 2½:1½.

Damit haben wir mit dem Aufsteiger Oftringen einen klaren Leader. Der Sieg gegen uns war also keine Eintagsfliege. Wir sind im breiten Mittelfeld. Letzi, unser nächster Gegner, kassierte die zweite Niederlage, grüsst also vom Tabellende.

(Hugo Ensmenger, Captain Team 2)